Mietrecht zu Zeiten von „Corona 19“

In der Allgemeinpresse wurde über die beschlossenen Schutzmaßnahmen für Mieter berichtet, die aufgrund des Herunterfahrens der Wirtschaft durch Kontakteinschränkungen und Firmenschließungen ihre aktuellen Mieten nicht begleichen können. Hierzu ist rechtlich festzuhalten, dass nur ein Verbot ausgesprochen wurde, wegen offener Mieten der Monate April bis Juni 2020 die Kündigung zu erklären, sofern der Mieter glaubhaft macht, dass seine Zahlungsunfähigkeit auf Auswirkungen der „Corona-Krise“ beruht. Die Mietforderung als solche bleibt jedoch bestehen. Auch ist klargestellt, dass ansonsten bereits vor dem 01.04.2020 bestehende Kündigungsrechte und auch solche wegen Eigenbedarfs von der Notregelung nicht betroffen sind.

Es ist sicher erforderlich, dass Vermieter mit aktuell auftretenden Zahlungsschwierigkeiten flexibel und wohlwollend umgehen, um Mietverhältnisse zu erhalten. Hierzu sollen die vorstehenden Hinweise die rechtliche Grundlage darstellen.

 




Abwohnen der Kaution

Oftmals ist umstritten, ob der Mieter zu Mietende die letzten Mieten mit Hinweis auf die erbrachte Kaution nicht zahlen muss. Im vor kurzem vom Amtsgericht München entschiedenen Fall (432 C 1707/16) hatte der Mieter zum Ablauf des 31.11.2015 fristgerecht gekündigt. Er hatte zu Mietbeginn eine Kaution gestellt. Die letzten beiden Mieten zahlte der Mieter nicht mehr und meinte, er könne mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufrechnen. Der Klage des Vermieters auf Zahlung der beiden Mieten gab das Amtsgericht München mit rechtskräftigem Urteil vom 5.4.2016 Recht.

Das Gericht betonte, es handele sich um den Fall des mietrechtlich unzulässigen sogenannten Abwohnens der Kaution. Denn ein Mieter sei nicht berechtigt, die Mietzahlungen vor dem Ende des Mietverhältnisses einzustellen und sich so wirtschaftlich so zu stellen, als sei ihm die Kaution zurückgezahlt worden. Vielmehr ende die Pflicht zur Mietzahlung gemäß § 535 Abs. 2 BGB erst mit der Beendigung des Mietvertrags. Das Vorgehen des Mieters verstoße gegen die Sicherungsabrede des Mietvertrags und sei treuwidrig. Es hebele den Sicherungszweck der Kaution aus, zumal dann, wenn der Vermieter wegen anderer Ansprüche, z.B. wegen Schäden an der Wohnung, möglicherweise die Kaution in Anspruch nehmen müsse. Dies könne nicht hingenommen werden, so das Amtsgericht München.

Die Entscheidung liegt auf der Linie der ständigen Rechtsprechung. Sie verdient dennoch eine Erwähnung, da leider manche Mieter immer wieder den Versuch des „Abwohnens der Kaution“ unternehmen.




Kündigungsausschluss

Oftmals wünschen Mietvertragsparteien, dass ein Mietvertrag nicht mit der gerade zu Beginn kurzen gesetzlichen Kündigungsfrist (zunächst für beide Seiten drei Monate) recht bald nach Vertragsabschluss gekündigt werden kann. Dieser Wunsch nach einem Kündigungsausschluss kann von Vermieterseite kommen, wenn man keinen „Taubenschlag“ haben möchte, er kann von Mieterseite kommen, wenn der Mieter vorhat, gewisse persönliche Investitionen in das Mietobjekt zu tätigen. Besteht der Wunsch, sollte darauf geachtet werden, das Gewollte rechtssicher zu vereinbaren.

Der BGH hatte vor kurzem über eine leicht besondere Konstellation zu befinden (Urteil vom 23.08.2016 – VIII ZR 23/16). Es war ein Mietvertrag mit Wirkung ab 1.4.2012 am 9.4.2012 abgeschlossen worden, in dem die Parteien geregelt hatten, dass sie wechselseitig auf die Dauer von 4 Jahren auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages verzichteten. Weiter hieß es dort: „Sie (die Kündigung) ist erstmals zum Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig.“ Die Regelung war unstreitig eine allgemeine Geschäftsbedingung.

Dennoch erachtete der BGH die Klausel als wirksam. Er stellte heraus, dass gemäß der Klausel gesetzeskonform eine Kündigung zum Ablauf der Zeit des Kündigungsausschlusses zulässig sei, so dass keine (unzulässige) Verlängerung des Vier-Jahres-Zeitraumes erfolge. Die zuvor befassten Gerichte hatten die Klausel dahin ausgelegt, dass die zu beachtende Frist ab Vertragsbeginn laufen sollte. Dabei erachtete der BGH es nicht als schädlich, dass in der Klausel nicht angegeben war, dass die Zeit des Kündigungsausschlusses ab Vertragsabschluss zu berechnen wäre.

Die Besonderheit war eben, dass der Vertragsbeginn vor dem Vertragsabschluss lag, was die verwendete Klausel „rettete“. Denn gemäß der gesetzlichen Anknüpfungsregel des § 557a Abs. 3 Satz 2 BGB ist es an sich erforderlich, dass in einer Klausel zu einem Kündigungsausschluss der Beginn der Fristberechnung an den Vertragsabschluss angeknüpft wird und eben nicht an den (oftmals danach liegenden) Vertragsbeginn. Die Klausel, über die der BGH zu entscheiden hatte, entsprach dem nicht. Die „Rettung“ lag in der Erwägung des BGH, dass durch den Umstand, dass der Vertragsabschluss nach dem vereinbarten Vertragsbeginn lag, eine Anknüpfung der vierjährigen Kündigungsausschlussfrist an den Vertragsbeginn für die Mieter günstiger war als ein erst mit dem späteren Vertragsschluss einsetzender Fristbeginn.




Schadenersatzpflicht des Mieters

Zieht der wegen (berechtigtem ) Eigenbedarf gekündigte Mieter nicht zum Ende der Kündigungsfrist aus, haftet er bis zum Beginn der Mietzahlung der Eigenbedarfsperson auf Schadenersatz der Mietdifferenz zwischen seiner Miete und der höheren Miete, die die Eigenbedarfsperson dem Vermieter zahlt.

Problem/Sachverhalt

Der Vermieter kündigte wegen Eigenbedarfs zugunsten eines Enkels, der in Aachen studieren will, zum 31.10.2011. Der Mieter zog nicht aus, wurde über zwei Instanzen erfolgreich auf Räumung verklagt und zog dann erst zum Ende November 2012 aus. Der Enkel des Vermieters hatte zwischenzeitlich übergangsweise eine andere Wohnung anmieten müssen, die er erst zum Ablauf des 31.01.2013 fristgerecht kündigen konnte, als der Mieter schließlich seinen Auszug angekündigt hatte. Der Vermieter vermietete die fragliche Wohnung (wie von vorneherein vorgesehen) sodann ab 1.2.2013 an seinen Enkel und zwar der Marktlage entsprechend zu einer um knapp 150,00 Euro pro Monat höheren Miete als der, die der zur Räumung verpflichtete Mieter gezahlt hatte. Die Differenz klagte der Vermieter gegen den ausgezogenen Mieter ein.

Die Entscheidung

Das Amtsgericht Aachen hat mit Urteil vom 10.03.2016 – 107 C 263/13 – der Klage des Vermieters stattgegeben. Dem Vermieter steht hiernach aus § 546a BGB ein Anspruch auf Ersatz des Mietausfalls zu. Diesen sprach das AG Aachen nicht nur für die Zeit bis zum Auszug des ursprünglichen Mieters zu, sondern auch für die Zeit bis zum Bezug der Wohnung durch die Eigenbedarfsperson. Durch Beweisaufnahme hatte es sich von der Korrektheit der Mietvereinbarung des Vermieters mit dem Enkel und dem Umstand überzeugt, dass der Enkel erst nach Einhaltung der Kündigungsfrist für seine Übergangswohnung einziehen konnte.

Die Einrede der Verjährung, die der Mieter erhoben hatte, wies das Amtsgericht zurück. Denn diese gelte nur für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, um die es bei der Klage nicht gehe.

Praxishinweis

Die Vorschrift des § 546a BGB wird häufig übersehen. Der Rechtsanwalt oder sonstige juristische Berater, der einen Mieter zu der Frage berät, wie er auf eine Eigenbedarfskündigung reagieren soll, muss den Mieter auf das Risiko hinweisen, dass dieser Schadenersatzanspruch drohen kann. Denn auch bei Eigenbedarf kann der bisherige Mieter nicht davon ausgehen, dass einer Eigenbedarfsperson etwa eine besonders niedrige Miete eingeräumt wird. Es gibt viele Gründe, etwa der Umstand, dass ein Mietobjekt der Altersversorgung des Vermieters dient, die dazu führen können, dass der Vermieter auch von der Eigenbedarfsperson die Marktmiete fordert. Das führt dann bei (ggf. großen) Differenzen zur Miethöhe des bisherigen Mieters zu dem Mietausfallschaden, über den das Amtsgericht Aachen entschieden hat.

Vermieter können ggf. im Rahmen der Eigenbedarfskündigung bereits darauf verweisen, dass sie bei nicht fristgerecht erfolgendem Auszug des bisherigen Mieters diesen Schadenersatzanspruch geltend machen werden.




Kautionsanlage Kaution bei Vertragsschluss

§ 551 Abs. 3 S. 3 BGB regelt, dass der Vermieter eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei der Kautionsanlage getrennt von seinem Vermögen bei einem Kreditinstitut anzulegen hat.

Die praktische Umsetzung dieser Bestimmung bereitet offenbar immer noch Schwierigkeiten. Der BGH hat mit Hinweisbeschluss vom 9.6.2015 – VIII ZR 324/14, NJW-RR 2015, 1289f – klargestellt, dass es zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgabe erforderlich ist, dass die Kaution von vorneherein auf einem beim Kreditinstitut offen als solches ausgewiesenen Sonderkonto („Mietkautionskonto des Mieters „XY“) anzulegen ist. Nur dadurch werde (anders als beim verdeckt treuhänderischen Konto oder Sparbuch) sichergestellt, dass das Pfandrecht der Banken sowie ein Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht der Banken nicht greifen könne. Es reiche nicht aus, wenn etwa der Treuhandcharakter der Einlage erst nachträglich offengelegt wird. Denn das Pfandrecht der Banken ist dann schon entstanden und wird durch eine nachträgliche Offenlegung nicht aufgehoben.

Dies hat erhebliche Auswirkungen, wenn der Vermieter diese Pflicht nicht erfüllt hat. Die Zweckbindung der Kaution – die Sicherung von Forderungen des Vermieters allein aus dem konkreten Mietverhältnis – endet erst, wenn die Kaution zurückgewährt wurde bzw. über diese endgültig abgerechnet ist. Das hat zur Folge, dass der Mieter selbst nach Ende des Mietverhältnisses bzgl. etwa offener Mieten ein Zurückbehaltungsrecht an den Mieten in Höhe der Kaution hat, er also die Zahlung der Mieten in dieser Höhe verweigern kann. Ggf. muss der Vermieter daher auch nach beendetem Mietverhältnis nachträglich eine neue Kautionsanlage in korrekter Form vornehmen, um seine Restmieten durchsetzen zu können. Dafür ist es stets erforderlich, dass der Vermieter zuerst das Kautionskonto als offen gekennzeichnetes Sonderkonto eröffnet und erst danach den Kautionsbetrag dort einzahlt.

Zu Beginn des Mietverhältnisses führt diese Interpretation der gesetzlichen Regelungen zur Kautionsanlage dazu, dass der Vermieter laut Rechtsprechung zuerst das Kautionskonto als offen gekennzeichnetes Sonderkonto für die Kaution eines bestimmten Mieters anlegen muss und dies dem Mieter nachweisen muss. Erst dann, wenn das erfolgt ist, ist der Mieter verpflichtet, die Kaution zu erbringen. Erfolgt die Kautionszahlung des Mieters ohne erfolgten Nachweis der Anlage des Sonderkontos nicht, ist der Vermieter nicht berechtigt, wegen nicht gezahlter Kaution zu kündigen (BGH, Urt. v. 13.10.2010, Az. VIII ZR 98/10).

Welchen legalen Weg es gibt, bei Abschluss des Mietvertrages die volle Kautionszahlung zu erhalten, erfahren Vermieter in der Einzelberatung.

Bruno Achenbach
Rechtsanwalt   zugleich
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht




Wohnfläche: Tatsächliche Größe maßgeblich

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18.11.2015 – VIII ZR 266/14  unter teilweiser Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass eine Mieterhöhung gemäß § 558 BGB auf der Basis der tatsächlichen Wohnfläche zu erfolgen hat, unabhängig davon, ob im Mietvertrag eine abweichende Wohnfläche angegeben und wie hoch die Abweichung von der tatsächlichen Wohnfläche ist. Ferner hat er auch festgestellt, dass die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB auch bei einer Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von Vertragsangaben zu beachten ist.

Im streitigen Mietvertrag war die Wohnfläche mit 156,95 qm angegeben. Tatsächlich beträgt die Wohnfläche 210,43 qm. Die Vermieterin verlangte vom Mieter die Zustimmung zur Erhöhung der Grundmiete von € 629,75 auf insgesamt € 937,52. Dies begründete sie damit, dass sie nach den allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften zu einer Erhöhung der momentan geschuldeten Miete um 15 % (€ 94,46) sowie darüber hinaus wegen einer Überschreitung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um 33,95 % zu einer entsprechenden weiteren Anhebung berechtigt sei. Der beklagte Mieter hat nur einer Mieterhöhung um € 94,46 (also zu dem Betrag, der sich aus der Kappungsgrenze – für Berlin 15 %  ergibt) zugestimmt. Die auf Zustimmung zu der weiteren Mieterhöhung gerichtete Klage der Vermieterin hat der BGH nach zugelassener Revision zurückgewiesen.

Der BGH hat entschieden, dass es im Mieterhöhungsverfahren gemäß § 558 BGB nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße ankommt. § 558 BGB solle es dem Vermieter ermöglichen, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Für den Vergleich sei deshalb allein der objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen der Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren keine Rolle spielen könnten, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt. An seiner früheren Rechtsprechung, dass der Vermieter sich an einer im Mietvertrag zu niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten lassen muss, wenn die Abweichung nicht mehr als zehn Prozent beträgt. hielt der BGH deshalb nicht mehr fest. Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, dass die Wohnfläche im Mietvertrag zu groß angegeben ist; hier kann der Vermieter die Miete gemäß § 558 BGB ebenfalls nur der Grundlage der tatsächlichen (niedrigeren) Wohnfläche erhöhen.

Neben der Berücksichtigung der wirklichen Wohnungsgröße müsse im Rahmen der allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften (§ 558 BGB) die Kappungsgrenze beachtet werden. Daneben bestehe für den Vermieter keine weitere Möglichkeit der einseitigen Mietanpassung. Insbesondere ergebe sich aus einer unzutreffenden Wohnflächenangabe im Mietvertrag noch kein Anwendungsfall eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Dem steht bereits entgegen, dass die zutreffende Ermittlung der tatsächlichen Wohnfläche regelmäßig in die Risikosphäre des Vermieters falle.

Praxishinweis
Die Entscheidung bestätigt, dass es für die Festlegung des Mietgegenstandes nicht erforderlich ist, im Vertrag Angaben zu Wohnflächen zu machen. Jedenfalls für Fragen der Mieterhöhung kommt es ausschließlich auf die tatsächlich richtige Wohnungsgröße an.

Ob der BGH auch seine bisherige Rechtsprechnung zur Relevanz von Vertragsangaben zu Wohnflächen im Rahmen von Betriebskosten- und Heizkostenabrechnungen ändern wird, die bisher auch von den angesprochenen 10-%-Grenzen ausging, bleibt abzuwarten, erscheint jedoch als wahrscheinlich.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
stellv. Vorsitzender
Haus & Grund Aachen e.V.




Grundsteuerverteilung bei Mischnutzung

Detailfragen zur Betriebskostenabrechnung beschäftigen immer wieder die Gerichte. Mit dem Thema Grundsteuerverteilung hatte sich nun das Amtsgericht Köln im Urteil vom 31.5.2015 (213 C 116/14 = BeckRS 2015,12090) zu beschäftigen.

In einem gemischt genutzten Gebäude mit Gewerbeflächen und Wohnflächen hatte der Vermieter die Grundsteuer einheitlich auf alle Mieter nach Flächenverhältnis umgelegt, ohne nach den Kosten für Wohn- und Gewerbeflächen zu trennen. Damit scheiterte er beim AG Köln. Zwar gebe es die Auffassung, dass ein Vorwegabzug der Betriebskosten gewerblicher Nutzung (vor der Verteilung des Restes auf die Wohnungsmieter) nur dann erforderlich sei, wenn die Gewerbenutzung bei der Abrechnung zu einer erheblichen Mehrbelastung der Wohnungsmieter führe. Diese Ausnahme gelte aber dann nicht, wenn es sich bei dem Vorwegabzug um schlichte Rechenvorgänge handelte. Beim Vorwegabzug der Grundsteuer bzgl. gewerblicher Nutzung handele es sich jedoch um einen solchen schlichten Rechenvorgang. Denn der Einheitswertbescheid (richtig: die Berechnungsanlagen zum Einheitswertbescheid) enthalte die Aufteilung der Anteile für Wohn- und Gewerbenutzung mit einer Prozentangabe. Diese Anteile müssten nur zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, um so der Anteil zu ermitteln, der bei der Grundsteuerverteilung einerseits auf gewerbliche Nutzung entfalle und andererseits auf Wohnnutzung. Nur der auf die Wohnraummieter entfallende Anteil der Grundsteuer dürfe dann unter diesen gemäß deren Wohnflächenverhältnis verteilt werden.

Erfüllt eine Betriebskostenabrechnung nicht diese Vorgaben, ist sie formell nicht korrekt. Nach Ablauf der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB (ein Jahr nach Ende des abzurechnenden Zeitraums) kann ein solcher formeller Fehler nicht mehr korrigiert werden. Der Vermieter fällt dann mit der betroffenen Abrechnungsposition aus, soweit diese für das Bestehen einer Nachforderung maßgeblich ist.

Praxishinweis
Wichtig ist, dass der Vermieter den Vorgang der Herausrechnung des Vorwegabzuges bzw. der Grundsteuerverteilung in der Betriebskostenabrechnung transparent darstellt. Weiter ist es wichtig, dass der Vermieter seine Steuerunterlagen darauf durchsieht, ob ihm der Grundsteuerbescheid mit allen seinen Anlagen vorliegt. Ggf. muss man sich beim Finanzamt eine Kopie dieser Unterlagen beschaffen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
stellv. Vorsitzender
Haus & Grund Aachen e.V.




Leinenzwang in der Hausordnung eine WEG?

Haustierhaltung hat viele Facetten. Der eine freut sich an Hund oder Katze als treuen Begleiter. Der andere hat insbesondere vor unangeleinten Hunden Angst. Wie kann und darf eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit den widerstreitenden Interessen umgehen, kann sie einen Leinenzwang regeln?

In einer WEG beschloss die Eigentümerversammlung unter Tagesordnungspunkt 6 unter der Überschrift „Ergänzung der Hausordnung“ unter Punkt 6.1 „Es ist untersagt, Katzen und Hunde auf dem Gemeinschaftsgelände frei herumlaufen zu lassen wie zum Beispiel Treppenhäuser, Laubengänge, Kellerbereiche, Tiefgaragen, Außenanlagen und Gartenanlage“. Hiergegen wendete sich eine Miteigentümerin, die Katzen hat und diese freilaufen lässt, mit der Anfechtungsklage.

Mit dieser scheiterte sie beim Landgericht Frankfurt, das mit Urteil vom 14.7.2015 (209 S 11/15) die Anfechtungsklage in zweiter Instanz abwies. Das Landgericht verwies zunächst auf die grundlegenden Aufgaben einer Hausordnung. Diese enthält im wesentlichen Verhaltensvorschriften, mit denen der Schutz des Gebäudes, die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung und die Erhaltung des Hausfriedens sichergestellt werden soll, wobei insbesondere die §§ 13, 14 WEG, das öffentliche Recht und die Verkehrssicherungspflichten zu beachten sind. Dabei müssen die Regelungen der Hausordnung ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Absatz 3 WEG und einem ordnungsgemäßen Gebrauch im Sinne des § 15 Absatz 2 WEG entsprechen (Verweis auf LG Frankfurt a.M, IMR 2015 Seite 292 m. w. N.).

Bei Anlegung dieser Maßstäbe entspreche die angegriffene Regelung ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Hausordnung dürfe nur solche Regelungen enthalten, die dem ordnungsgemäßen Gebrauch gem. § WEG § 15 Abs. WEG § 15 Absatz 2 WEG oder der ordnungsgemäßen Verwaltung gem. § WEG § 21 Abs. WEG § 21 Absatz 3 WEG dienen. Insoweit verlangen die Regelungen einen vernünftigen Kompromiss zwischen den gegensätzlichen Interessen, hier der von Tierhaltern und Nichttierhaltern. Dem werde die angegriffene Regelung gerecht. Wichtig sei dabei, dass die Haustierhaltung gerade nicht zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohnungseigentum gehört (Verweis auf BGH NJW 1995, 2036). Daher könne in einer Hausordnung eine Regelung über einen Leinenzwang von Hunden und Katzen enthalten seien, da so gewährleistet wird, dass jeder Sondereigentümer von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch machen kann, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Dem werde die angegriffene Regelung gerecht und halte sich im Rahmen des weiten Ermessens, welches den Wohnungseigentümern bei der Regelung der Tierhaltung zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2015, V ZR 163/14).

Durch eine Anleinenpflicht werde sichergestellt, dass das Tier in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. So könne sichergestellt werden, dass das Tier bestimmte Bereiche  wie etwa den Spielplatz  nicht betritt oder verunreinigt und sich im Übrigen das Tier in Begleitung einer Person befinde, die jederzeit auf das Tier einwirken könne und etwaige Verunreinigungen unverzüglich beseitigen könne und Störungen, die von dem Tier ausgehen, unterbinden könne.

Die Regelung komme auch nicht einem Katzenhaltungsverbot gleich, denn es bleibe einem Katzenhalter unbenommen, Hauskatzen in seiner Wohnung zu halten und sie am freien Auslauf auf dem Grundstück zu hindern. Auch ein Anleinen von Katzen werde in der Rechtsprechung, als zumutbar angesehen (vgl. LG Lüneburg a. a. O. LG Lüneburg ZMR 2012 728; BayObLG NJW-RR 2004, NJW-RR Jahr 2004 Seite 1380).

Praxishinweis
Nicht unumstritten ist in diesem Zusammenhang, ob die Länge einer zulässigen Leine festgelegt werden muss, damit der Beschluss bestimmt genug ist. Das Landgericht Frankfurt sah hierzu keine Probleme, insbesondere bzgl. Hundeleinen wird aber auch vertreten, dass die Länge festgelegt werden müsse, um durch den Leinenzwang den Zweck einer jederzeitigen Kontrolle über das Tier zu gewährleisten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
stellv. Vorsitzender
Haus & Grund Aachen e.V.




Betriebskostenabrechnung Abrechnungsfrist

Es wird jetzt Zeit, sich mit der Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2014 zu beschäftigen und diese dem Mieter zuzustellen (sofern Kalenderjahre abgerechnet werden). Die Abrechnung für 2014 muss dem Mieter nachweisbar bis spätestens 31.12.2015 zugegangen sein. Dazu benötigt der Vermieter die korrekten Abrechnungsdaten.

Ein Vermieter einer Eigentumswohnung hatte für die Abrechnung des Jahres 2011 im Dezember 2012 immer noch nicht die Abrechnung des WEG-Verwalters für 2011 erhalten. Er versuchte, sich dadurch zu helfen, indem er auf Basis der ihm bekannten Zahlen für 2010 eine „provisorische“ Abrechnung für 2011 erstellte. Diese wies eine Nachzahlung des Mieters aus. Als der WEG-Verwalter im Jahre 2013 endlich die Abrechnung für 2011 vorlegte, schob der Vermieter eine weitere Abrechnung für 2011 nach, die eine noch höhere Nachzahlung des Mieters auswies als die erste Abrechnung. Er klagte dann (nur) den Nachzahlungsbetrag aus der ersten Abrechnung ein. Dennoch scheiterte er beim Amtsgericht und Landgericht Bonn (LG Bonn, Urt. v. 8.1.2015 – 6 S 138/14 , WuM 2015, 358).

Wesentliches Argument war, dass es unzulässig sei, derart durch (wenn auch offen dargelegte) falsche fiktive Zahlen zu versuchen, die Frist von 12 Monaten nach Ablauf der abzurechnenden Zeit für eine Betriebskostenabrechnung einzuhalten. Der Vermieter könnte sonst durch fiktive weit überhöhte Fantasiezahlen die Abrechnungsfrist wahren und dann später mit den richtigen Zahlen operieren. Damit würde der Gesetzeszweck des § 556 Abs. 3 2. HS BGB unterlaufen, bald nach Ende des abzurechnenden Zeitraums für Abrechnungssicherheit zu sorgen.

Der Vermieter könne sich nicht darauf berufen, dass ihm die Abrechnung der WEG-Verwaltung noch nicht vorgelegen habe. Der Vermieter sei in dieser Konstellation gehalten, frühzeitig beim WEG-Verwalter die Abrechnung anzumahnen und ggf. weitere geeignete, zumutbare Schritte zu unternehmen. Sollte der Vermieter sich gegenüber dem WEG-Verwalter so verhalten haben, könne es sein, dass er sich in Fällen, in denen er die Hausgeldabrechnung erst nach Ablauf der mietrechtlichen Abrechnungsfrist erhalten hat, bei verspäteter Erteilung der Betriebskostenabrechnung gegenüber seinem Mieter darauf berufen könne, dass er die Verspätung nicht zu vertreten habe. Das würde dann dazu führen, dass auch die an sich verspätete Abrechnung noch rechtzeitig wäre (§ 556 Abs. 3 2. HS BGB). Welche „geeigneten, zumutbaren“ Schritte gegenüber dem WEG-Verwalter das LG Bonn meint, die zur Entschuldigung der Verspätung führen würden, sagt es (leider) nicht.

Praxishinweis
Vermieter von Eigentumswohnungen sollten darauf achten, dass die WEG-Verwaltung die Jahresabrechnung so rechtzeitig (sinnvoll bis spätestens 30.6. des Folgejahres) vorlegt, dass noch mit ausreichender Zeit gegenüber dem Mieter abgerechnet werden kann. Die Praxis einiger (weniger) WEG-Verwalter, die Haus-geldabrechnungen erst im Spätherbst zu erstellen und ggf. erst kurz vor Weihnachten die Eigentümerversammlung durchzuführen, auf der über die Abrechnung beschlossen wird, ist scharf zu kritisieren. Dies ist die Ebene, auf der vorgegangen werden sollte, nicht der gefährliche Versuch, mit Abrechnungstricks gegenüber den Mietern zu arbeiten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
stellv. Vorsitzender
Haus & Grund Aachen e.V.




Verschattung des Grundstücks durch Bäume

Ein häufiger Streitpunkt zwischen Grundstücksnachbarn sind die Folgen groß gewordener Anpflanzungen. Bis zum Bundesgerichthof (BGH) gelangte nun ein Streit um 25 Meter hoch gewachsene, gesunde Eschen auf einer öffentlichen Grünanlage in einer Stadt in NRW. Diese Bäume standen in einem Abstand von 9 Metern und 10,30 Metern von der Grundstücksgrenze der Grünanlage zu einem Reihenhausgrundstück, das einen 10 mal 10 Meter großen Garten hat, der nach Süden ausgerichtet ist. Die Eigentümer des Reihenhausgrundstücks beklagen eine völlige Verschattung ihres Gartens, in dem man sich nicht erholen könne und auch keine Pflanzenkulturen anlegen könne. Eingeklagt war die Beseitigung der Bäume.

Der BGH hat mit Urteil vom 10.7.2015 (V ZR 229/14) die klageabweisenden Urteile der Vorinstanzen bestätigt. Es sei vom Eigentumsrecht des Nachbarn (hier der Stadt) gedeckt, dass dieser sein Grundstück in seinen räumlichen Grenzen nutzt, auch durch die Anpflanzung auch hoch wachsender Bäume. Aus § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB könnten zwar bestimmte Einwirkungen auf ein Nachbargrundstück abgewehrt werden. Der Entzug von Luft und Licht begründe als sog. „negative“ Einwirkung aber kein Abwehrrecht. Dies gelte auch dann, wenn – wie hier – Licht durch Anpflanzungen entzogen wird.

Da vorliegend die Abstandsvorschriften des Landesnachbarrechtsgesetzes eingehalten waren, selbst für stark wachsende Bäume ist im NachbG NRW nur ein Abstand von 4 Metern von der Grundstücksgrenze aus vorgeschrieben, könne von einer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB abwehrfähigen Beeinträchtigung nicht ausgegangen werden.

Der BGH verneint auch Ansprüche aus dem sog. nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis. Dieses Rechtsinstitut, das die Rechtsprechung entwickelt hat, könne nur dann in Betracht kommen, wenn ein Nachbar wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt sei. Da vorliegend nicht eine ganzjährige vollständige Verschattung der Gartenfläche gegeben sei, sei die Bepflanzung den beeinträchtigten Klägern noch zuzumuten. In die Abwägung des BGH floss auch ein, dass die vorgeschriebene Grenzabstand um mehr als das Doppelte überschritten sei, ferner, dass öffentliche Grünanlagen auch große Bäume enthalten sollten, um der Luftverbesserung und der Schaffung von Naherholungsräumen zu dienen, solch große Bäume könnten regelmäßig nicht auf privaten Grundstücken untergebracht werden. Letztlich hätten die Kläger bei dem lange Jahre zurückliegenden Erwerb des Grundstücks gewusst, dass dieses am Rand der öffentlichen Grünanlage liegt.

Praxishinweis
Grundstückserwerber sollten sich vor Augen halten, dass zum Zeitpunkt eines Erwerbes noch kleine Anpflanzungen auf Nachbargrundstücken über Jahre und Jahrzehnte in große Höhen wachsen können. Halten sie die Abstandsflächen der Nachbarrechtsgesetze ein, muss man sich darauf einstellen, dass man sich nicht mehr wehren kann, wenn der Höhenwuchs später zu Beeinträchtigungen führt. Umso mehr sollten Grundstückseigentümer sich rechtzeitig gegen Anpflanzungen oder auch Wildtriebe wehren, die die Abstandsvorschriften nicht einhalten. In NRW ist dabei eine Ausschlussfrist von 6 Jahren ab Anpflanzung zu wahren.

Wer Anpflanzungen auf seinem Grundstück vornimmt, ist gehalten, die Abstandsvorschriften zu wahren und so vorbeugende nachbarliche Gesinnung zu zeigen, anstatt – was leider nicht selten vorkommt – mit Begrünung seinen Nachbarn zu ärgern.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
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