Ladungsmangel zur WEG-Versammlung

Zu einer Eigentümerversammlung wurde (unstreitig) nicht fristgerecht eingeladen. In der Versammlung wurde (zum Nachteil der späteren Klägerin) unter Abänderung der in der Teilungserklärung geregelten Verteilung anhand der Miteigentumsanteile mit einer anderen Verteilungsquote über Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen mehrheitlich abgestimmt. Dagegen wendet sich die benachteiligte Miteigentümerin mit der Beschlussanfechtungsklage mit dem Argument, sie habe an der fraglichen Eigentümerversammlung nicht teilnehmen können und das mit der aus ihrer Sicht unzulässig verkürzten Ladungsfrist und damit mit einem Ladungsmangel begründet.

Das LG München I gibt – wie die Vorinstanz – der Anfechtungsklägerin Recht (LG München I, Urteil vom 6.11.2014 – 36 S 25536/13 WEG). Die angefochtenen Beschlüsse widersprächen bereits formell einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Denn auch ein Verstoß gegen die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG, der (unstreitig) vorliege, stelle sich als beachtlich dar, wenn die Beschlussfassung auf ihm beruhe (Verweis auf BGH, WuM 2002, 277). Dass § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG nur eine „Soll-Vorschrift“ sei, ändere daran nichts. Ausreichend für die Kausalität des Ladungsmangels sei, dass sich der Mangel auf das Ergebnis der Beschlussfassung zumindest ausgewirkt haben könne. Nur dann, wenn feststehe, dass sich ein Einladungsmangel auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt habe, scheide eine UngültigErklärung von Beschlüssen aus. Dabei müsse mit Sicherheit feststehen, dass sich ein Beschlussmangel (hier Einladungsmangel) auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt habe.

Entscheidend sei dabei, dass die Entscheidungsfindung in einer Wohnungseigentümerversammlung durch das Rederecht der Eigentümer getragen werde. Dass die Klägerin bei Teilnahme (die ihr durch die nicht fristgerechte Einladung verwehrt war) durch Wahrnehmung ihres Rederechts ein anderes Ergebnis hätte herbeiführen können, könne nicht sicher ausgeschlossen werden. Es helfe den Anfechtungsbeklagten nicht, dass diese behaupten, es habe angeblich feste Meinungen und damit eine feste Erwartung bzgl. des Abstimmungsergebnisses gegeben. Denn auch dann ist es nicht ausgeschlossen, dass das Vortragen von Argumenten in der Versammlung zu einer Änderung des Meinungsbildes führen.

Das Landgericht München stärkt die Minderheitenrechte in der WEG-Versammlung. WEG-Verwalter sollten peinlich genau auf die Mindestfristen des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG oder längere Einladungsfristen der jeweiligen Gemeinschaftsordnung achten. Durch eine nicht fristgerechte Einladung betroffene Miteigentümer sollten nicht an der WEG-Versammlung teilnehmen, denn sonst würde ihnen das Argument entgegengehalten, dass trotz ihrer Anwesenheit und ggf. ihres Redebeitrags ausweislich eines überwältigenden Mehrheitsbeschlusses das Ausbleiben ggf. sehr weniger anderer Miteigentümer nichts an der stabilen Mehrheit geändert hätte und der Ladungsmangel sich deswegen nicht ausgewirkt hätte.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
stellv. Vorsitzender Haus & Grund
Aachen e.V.




Nutzungsrecht durch langjährige Duldung?

Ein häufiger Streitpunkt zwischen Mietvertragsparteien ist, ob ein Mieter aus einer Situation, in der der Vermieter gegen die Nutzung nicht gemieteter Flächen lange nicht vorgegangen ist, ein dauerhaftes Nutzungsrecht ableiten kann. Dies bezieht sich oft auf Nebenräume wie Kellerflächen.

Im Fall des LG Frankfurt/Main (Urteil vom 8.5.2014 – 2-11 S 86/14 ) nutzten Mieter seit langen Jahren Flächen unterhalb der Kellertreppe und hatten dort selbst Kellerverschläge errichtet. Gegenstand des schriftlichen Mietvertrags war eine Wohnung im II. Geschoss, zu der ein bestimmter anderer Kellerraum gehört. Die Vermieterin verlangte die Räumung der Kellerverschläge und deren Entfernung und widerrief im Zusammenhang damit eine etwaige Duldung und erhob dann Räumungsklage.

Das LG Frankfurt/Main gab der Vermieterin Recht. Das LG stellt zunächst fest, dass die Flächen der Kellerverschläge nicht im schriftlichen Mietvertrag erwähnt seien. Daher seien sie jedenfalls nicht Gegenstand des schriftlichen Mietvertrages geworden. Eine mieterseits behauptete mündliche Vertragsergänzung oder Duldung führe nicht dazu, dass die Flächen Gegenstand des Mietvertrages geworden seien. Denn es gab zunächst einen ersten Vertrag von 1975 und dann einen zweiten Vertrag von 1982. Auch im zweiten Vertrag, der geschlossen wurde, als die Kellerverschläge bereits errichtet waren, sind die Flächen nicht als Mietgegenstand erwähnt.

Ob die Klägerin Kenntnis von der Nutzung der Flächen gehabt hat, lässt das LG dahinstehen. Denn auch eine langjährige Duldung (die Kenntnis voraussetzt) führe weder zu einer Einbeziehung in den Mietvertrag noch zur Annahme einer unwiderruflichen Gestattung (Verweis auf LG Berlin, Urt. V. 27.7.1999, 65 S 350/98; LG Saarbrücken, Urt. V. 7.6.1996, 13 BS 13/96). Da ein Mietvertrag auf eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung gerichtet sei, könne der Mieter ohne besondere Umstände nicht davon ausgehen, dass eine Duldung einer unentgeltlichen Nutzung den Pflichtenkreis des Vermieters und den Rechtskreis des Mieters dauerhaft erweitere (Verweis auf LG Berlin, a.a.O.). Der Vermieter bleibe zum jederzeitigen Widerruf der Duldung berechtigt. Da die Mieter für die Nutzung der Fläche kein Entgelt entrichtet hätten, könne es sich nicht um ein Mietverhältnis gehandelt haben, sondern nur um eine Leihe oder ein Gefälligkeitsverhältnis. Daraus folge gemäß § 604 Abs. 1, 2 BGB die Möglichkeit der jederzeitigen Rückforderung.

Die Mieter wurden verurteilt, die Flächen unter der Kellertreppe zu räumen und die Verschläge zu entfernen.

Praxishinweis
Vermieter sollten sich durch ein Beharren der Mieter auf einem angebliche eingeräumten Nutzungsrecht oder einer auch durch langjährige Kenntnis erfolgten Duldung nicht beirren lassen, ihre Räumungsansprüche geltend zu machen. Werden unberechtigte Nutzungen erkannt, sollte man jedoch möglichst sofort dagegen vorgehen, damit sich nichts „verfestigt“.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
stellv. Vorsitzender
Haus & Grund Aachen e.V.




Eigenbedarf: ausreichende Begründung

Der BGH hat am 30.4.2014 eine Entscheidung gefällt, mit der die Rechtsstellung des Vermieters zum Thema Eigenbedarf verbessert wird. Dem Urteil (VIII ZR 284/13) lag nachstehender Sachverhalt zugrunde.

Mieter hatten eine 158 qm großen Wohnung angemietet. Nach längeren Jahren erklärten die Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf mit der Begründung, ihre Tochter, die bisher eine 80 qm große Wohnung in der benachbarten Doppelhaushälfte bewohne, benötige die größere Wohnung der Beklagten, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen. Der Name des Lebensgefährten wurde nicht genannt.

Das Berufungsgericht hatte die Räumungsklage abgewiesen. Die vom BGH zugelassene Revision der Vermieter hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat in Abweichung vom Berufungsgericht entschieden, dass es nicht nötig war, den Lebensgefährten der Tochter im Kündigungsschreiben namentlich zu benennen. Denn das Begründungserfordernis in § 573 Abs. 3 BGB soll nur gewährleisten, dass der Kündigungsgrund Eigenbedarf derart konkretisiert ist, dass er von anderen Kündigungsgründen unterschieden werden kann. Diese Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, denn eine Auswechselung des Kündigungsgrundes ist dem Vermieter verwehrt. Im Falle der Eigenbedarfskündigung genügt es hierfür laut BGH, die Eigenbedarfsperson selbst – hier die Tochter – identifizierbar zu benennen und das Interesse darzulegen, das diese an der Erlangung der Wohnung hat. Insoweit reichte die Angabe, dass die Tochter in die größere Wohnung der Beklagten ziehen wolle, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen.

Damit lehnt der BGH überzogene Anforderungen an die Begründung einer Eigenbedarfskündigung ab. Zur Klärung der Frage, welche Mindestangaben für eine Eigenbedarfskündigung erfolgen müssen, sollte jedoch zur Vorsicht anwaltlicher Rat eingeholt werden, bevor die Kündigung ausgesprochen wird.




Schockfarben bei Mietende: Schadenersatz

Lange Zeit war ungeklärt, ob der Vermieter in Fällen, in denen keine wirksame Regelung zu Schönheitsreparaturen vereinbart war, bei Rückerhalt der Wohnung mit Wänden in ausgefallenem farblichen Zustand (also in Schockfarben) Ersatzansprüche gegen den Mieter hat. Jedenfalls für den Fall, das die Wohnung bei Mietbeginn in neutraler Dekoration übergeben wurde, hat der BGH dies mit Urteil vom 6.11.2013 (VIII ZR 416/12) bejaht.

Bei Mietbeginn war das Objekt in weißer Farbe frisch renoviert. Die Mieter strichen danach einzelne Wände in kräftigen Schockfarben (rot, gelb, blau) an und gaben es bei Mietende so zurück. Da die Mieter dies nach Aufforderung und Fristsetzung nicht behoben, ließ der Vermieter die fraglichen Wände zunächst mit Haftgrund und dann alle Wand- und Deckenflächen zweimal mit Wandfarbe streichen. Die Kosten hierfür machte der Vermieter dann gerichtlich geltend. Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht sprach die Klage im entscheidenden Punkt zu. Die dagegen geführte Revision wies der BGH zurück.

Der BGH betonte, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran hat, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird, so dass der Mieter gemäß § 242 BGB aus Treu und Glauben verpflichtet ist, eine von ihm während der Mietzeit angebrachte ungewöhnliche Dekoration zum Mietende wieder zu beseitigen (BGH VIII ZR 48/09 und BGH VIII ZR 224/07). Der BGH stellt eine Schadenersatzpflicht auf der Grundlage der §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB fest. Zwar dürfe der Mieter in seiner Mietzeit die Dekorationen nach seinen eigenen Vorstellungen vornehmen, auch wenn diese ungewöhnlich sind, bei Rückgabe aber müsse ein neutraler Zustand wieder hergestellt werden. Ansonsten würde der Mieter die zusätzlichen Kosten, die aus seiner Selbstverwirklichung durch Farbwahl und sonstige Gestaltung entstehen, rechtswidrig auf den Vertragspartner abwälzen. Der Mieter verletze dann seine Pflicht zur Rücksichtnahme aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB. Der Schaden des Vermieters besteht dann darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration in Schockfarben beseitigen muss.

Maßnahmen zur Beseitigung von ungewöhnlichen Farben (Schockfarben)sind im Rechtssinne keine Schönheitsreparaturen. Der Anspruch auf Schadenersatz setzt daher nicht voraus, dass eine wirksame Regelung zu Schönheitsreparaturen im Mietvertrag enthalten ist. Der Vermieter muss sich jedoch einen Abzug „neu für alt“ anrechnen lassen, denn er hat Anspruch nur auf die Mehrkosten gegenüber einer „normalen“ Schönheitsreparatur.

Vor dem Hintergrund dieses Urteils ist es wichtig, dass der Vermieter bei Vertragsbeginn den Zustand des Mietobjekts in einem auch vom Mieter unterzeichneten Übergabeprotokoll dokumentiert, hier insbesondere den Zustand der Dekoration in „neutralen“ Farben.

Für eine Einzelberatung bitte ich um Vereinbarung eines Termins.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht
Bruno Achenbach, Aachen
stellv. Vorsitzender Haus & Grund
Aachen e.V.